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Sakili

Auf den Spuren der reichen Klänge des Indischen Ozeans bietet die in Deutschland wenig bekannte Insel Rodrigues überraschende Entdeckungen: 2017 wurden die Sega Rhythmen aus Rodrigues auf die UNESCO Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Die als Sega Tambour bezeichnete Aufführungsform ist eine pulsierende Mischung aus Musik, Gesang und Tanz mit Ursprüngen in den vor allem afrikanisch geprägten Sklavengemeinschaften.

Sega wird auf Rodrigues immer und überall gespielt: zu Hause und auf der Straße, mitmachen kann jeder – unabhängig vom Alter, Geschlecht oder Status. Ursprünglich war Sega ein Ausdruck des Widerstands der Sklaven gegen die Kolonialherren und gleichzeitig eine ritualisierte Form, um Konflikte untereinander zu thematisieren und soziale Lösungen zu finden. So wird das Repertoire, die Techniken des Instrumentenbaus, die Tänze und ihre Bedeutungen seit über 200 Jahren in den großen Musikerfamilien der Insel weitergegeben. Heute proben aber auch zahlreiche professionelle und semi-professionelle Musikgruppen in Gemeindezentren, um mit Sega-Aufführungen bei touristischen Präsentationen und auf internationalen Festivals ihr Einkommen zu verdienen.    

Das Trio Sakili lebt in einer ruhigen, ländlichen Gegend der Hauptstadt. Vallen Pierre Louis ist auf Rodrigues ein bekannter und geschätzter Banjo-Spieler. Francis Prosper gehört zu einer der wichtigen Musikerclans der Insel und ist unbestritten der beste traditionelle Perkussionist, der auch die kraftvolle Stimme mit warmen Timbre von Sakili ist. Der Dritte im Bunde, Ricardo Legéntile, spielt das charakteristische Melodie-Instrument der Insel, das Akkordeon. Das Repertoire und die Feinheiten der Spieltechnik werden bereits seit mehreren Generationen in seiner Familie von Vater auf Sohn weitergegen, wohingegen seine Mutter Yolande Legéntile zu den bekannten Vorsängerinnen, den Mareshals des Sega auf Rodrigues gehört.

In der Musik von Sakili spiegelt sich die Geschichte der Insel zwischen europäischen und afrikanischen Einflüssen wieder: Walzer, Polka, Masurka, Scottish vermischen sich harmonisch mit den Sega Tambour Rhythmen in der Tradition afrikanischer Sklaven. Und weil die Globalisierung auch in den Weiten des Indischen Ozeans Einfluss hat, finden sich in einigen Liedern natürlich auch Berührungspunkte mit dem Hier und Jetzt. 

Rodrigues ist eine kleine, zu Mauritius gehörende Insel in den Weiten des Indischen Ozeans, die über Jahrhunderte Spielball der großen europäischen Kolonialmächte Frankreich, Großbritannien, Portugal und Niederlande war. Ursprünglich war die Insel unbewohnt. Sie ist Teil der vulkanischen Inselkette der Maskarenen, zur der auch das französische Überseegebiet La Réunion und Mauritius gehören. Rodrigues liegt rund 850 Kilometer östlich von Madagaskar und 580 Kilometer östlich von Mauritius. Die Insel wurde Anfang des 16. Jahrhunderts nach Diego Rodrigues benannt, einem Steuermann einer 1538 unter dem Befehl von Pedro Mascarenhas fahrenden, kleinen portugiesischen Flotte, die die Inselkette auf der Fahrt nach Goa passierte. 1601 landeten dann die Holländer auf dem Weg nach Osten auf der Insel, die sie jedoch nicht besiedelten. 1691 versuchte eine Gruppe aus Frankreich geflohener, ausschließlich männlicher Hugenotten eine protestantische Republik Namens Eden auf Rodrigues zu errichten. Sie gaben jedoch nach zwei Jahren wieder auf. Erst 200 Jahre nach der Entdeckung entstand 1735 die erste feste Ansiedlung Port Mathurin, die eine Art Sträflingskolonie Frankreichs war. 1761 wählte die Französische Académie des sciences die Insel als Beobachtungspunkt für die Passage der Venus durch die Sonne. Seitdem wurden Sklaven aus den afrikanischen Kolonien als Arbeitskräfte auf die prosperierende Insel gebracht. Im Gefolge der Französischen Revolution fand dann ein siebenjähriger Krieg mit den Briten um die Vorherrschaft statt. Legendär ist die militärische Okkupation von Rodrigues durch die Briten am 27. Dezember 1808 mit einer Flotte von 21 Schiffen mit 16.000 Mann Besatzung. Mit dem Vertrag von Paris 1814 kam La Réunion zurück nach Frankreich, Rodrigues und Mauritius verblieb bei Großbritannien. Die Sklaven wurden erst 1839 freigelassen. Anfang des 20. Jahrhunderts war das Leben auf Rodrigues angenehm, da die Insel die kleine Bevölkerung leicht ernähren konnte. Nach der Unabhängigkeit von Mauritius 1968 wollte Rodrigues lieber unter der Herrschaft des Vereinigten Königreiches bleiben, was aber von London abgelehnt wurde. Seit 2002 hat Rodrigues Autonomiestatus mit eigener Regionalversammlung innerhalb des Staates Mauritius. Heute leben über 40.000 Einwohner aus Rodrigues, die, abgesehen von kleinen europäischen und tamilischen Minderheiten, vor allem afrikanischer Herkunft und katholisch sind. Wie in Mauritius blieb die Bevölkerung trotz über 150 Jahren britischer Kolonialherrschaft bis heute französisch geprägt. So sind die Hauptsprachen Französisch und Rodriguais, ein französisches Kreolisch. 

Foto: Percy YipTong

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